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Beziehung ins Sonneberger Land

Der Zug nach Augsburg, die Zeit auf der Veste Coburg

1530 kam Luther wieder durch unser Sonneberger Land. Er war inzwischen eine namhafte Persönlichkeit geworden.

Die Reformation hatte gewaltige Fortschritte gemacht. Zahlreiche Landesherren hatten bereits selbstbewusst in ihren Territorien die Reformation eingeführt. Inmitten des Kurfürstlichen Reisezuges zog Luther am 14. April 1530 die alte Heer- und Handelsstraße entlang. Auf dem Reichstag zu Augsburg wollten die protestantischen Fürsten nochmals die evangelische Lehre verteidigen. Kaiser Karl V. plante jedoch mit der „lutherischen Ketzerei" in Deutschland aufzuräumen und den römisch-katholischen Glauben in allen Landesteilen wieder durchzusetzen. Der entscheidende Mann durfte aber vor dem Kaiser nicht erscheinen: Dr. Martin Luther. Er war seit dem Reichstag zu Worms ein Geächteter. Der Kurfürst ließ ihn deshalb im Schutz des südlichsten Bollwerkes seines kursächsischen Landes, der Veste Coburg, zurück. Hier war er den Ereignissen in Augsburg verhältnismäßig nahe und doch in Sicherheit. Es war in der Tat ein stolzer Zug zu Wagen und zu Pferde, der sich am Gründonnerstag des Jahres 1530 von Gräfenthal nach Coburg bewegte; Kurfürst Johann der Beständige, sein Sohn Johann Friedrich, der Herzog Franz von Braunschweig-Lüneburg, Fürst Wolfgang zu Anhalt, Graf Albrecht von Mansfeld, im ganzen bestand das Gefolge aus sieben Rittern, 70 sächsischen Adeligen und 160 berittenen Knechten, "sämtliche mit Schießzeug und in lederfarbener Kleidung".

Luther, Melanchton, Justus Jonas und Luthers Gehilfe Veit Dietrich waren von Wittenberg zur Abreise nach Torgau gekommen. In Altenburg schlossen sich Spalatin, in Saalfeld Caspar Aquila und der Hofprediger des Grafen von Mansfeld Johann Agricola, in Gräfenthal der Reichserbmarschall Sebastian von Pappenheim und sein Sohn Veit an. Der Zug gelangte über Judenbach nach Coburg und weiter nach Augsburg. Höhepunkt des Reichstages zu Augsburg war die von Melanchton ausgearbeitete Verteidigungsschrift „Confessio Augustana". Erst im August erfolgte die Widerlegung dieses Augsburger Bekenntnisses durch die römisch-katholische Kirche. Weitere Ausgleichsverhandlungen mit Kaiser Karl V. brachten kein Ergebnis. Noch vor seinem offiziellen Ende verließen die protestantischen Fürsten den Reichstag. Auf der Rückreise von Augsburg wurde Luther auf der Veste Coburg abgeholt, und der große Fürstenzug passierte am 5. Oktober 1530 wieder Judenbach und erreichte abends Lehesten. Die weitere Rückreise führte über Schleiz, Altenburg, nach Grimma und Torgau.

Während seines fünfmonatigen Aufenthaltes auf der Veste Coburg wird der Reformator manchen Bekannten in der näheren Umgebung besucht haben. Der erste evangelische Pfarrer von Oberlind soll 1530 durch Dr. Martin Luther offiziell in sein Amt eingeführt worden sein. In den "Annales Ecxclesiae seu Parochia Lindensis", dem ersten Kirchenbuch von Oberlind, finden wir den Vermerk "Dom. Andreas Lehr, olim civis neostatiensis, qui ab ipso D. Luthero introduktus est", zu deutsch: "Herr Andreas Lehr, der vormals Bürger von Neustadt war, ist eigenhändig von Dr. Luther eingeführt worden." Die lateinische Eintragung aus dem Jahre 158S stammt vom dritten evangelischen Pfarrer Georg Weidhäuser, einem gebürtigen Oberlinder, der Andreas Lehr noch gekannt haben muss.

Wir betrachten daher die Anwesenheit Luthers bei der Amtseinführung Lehrs und eine Predigt des Reformators in Lind als historisch belegt. Untermauert wird diese Tatsache noch durch die enge Verbindung Luthers mit Hans Schott zu Lind. Er hatte als Patron von Lind den Reformator 1521 nach Worms begleitet und mit ihm dort gemeinsam in einem Zimmer gewohnt. Luther war dem Ritter von Schott zeitlebens verbunden und kümmerte sich auch um dessen beide Söhne.

Eine weitere Freundschaft verband den Reformator mit Ritter von Rosenau in Heubisch. Er soll ihn am 14. April 1530 besucht haben und auch über Nacht in Heubisch geblieben sein. Diese Episode wurde 300 Jahre lang mündlich weitererzählt und erst 1843 schriftlich festgehalten. Der Volksmund schilderte die Begebenheit so detailliert, dass wir an der Wahrheit dieser Angabe kaum zweifeln können.

Der Reformator entwickelte auf der Veste „im Reich der Dohlen" eine reiche schriftstellerische Tätigkeit, "Sterbe ich, so will ich ein Geist werden und die Bischöfe, Pfaffen und gottlosen Mönche dergestalt plagen, dass sie mit einem gestorbenen Luther mehr zu schaffen haben sollen denn mit tausend Lebendigen". Damit sollte Luther recht behalten. Als sich sein Leben am 18. Februar 1546 in Eisleben vollendete, ist seine Lehre nicht mehr zu verbannen. An die Wand seines Zimmers auf der Veste hatte er die Worte des Psalms 118, Vers 17 geschrieben: Non moriar sed vivam et narrabo opera domini: Ich werde nicht sterben, sondern leben und die Werke des Herrn verkündigen.

Quelle: W. Wiegand in "Freies Wort" vom 17.02.1996

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